Sein und Haben

Liege in den letzten Zügen mit Ćosićs Rasulo (wie auch immer der deutsche Titel schließlich lauten wird, das ist ein Kapitel für sich), gehe Sabine Baumanns Lektorat durch, sie ist der Seismograf, der unfehlbar aufspüren würde, wenn einer meiner „Notbehelfe“ nicht funktioniert: Alle Stellen, die mich Stunden und Tage und reichlich Hirnschmalz gekostet haben, sind offenbar glatt durchgerutscht. Uff. Auch die himmlische Reinheit, vor allem aber die Geschichte mit dem Sein. Dem Serben ist nämlich was, wenn der Deutsche was hat, und da Ćosić seine Geschichte über Neben- und Doppelbedeutungen einzelner Worte entwickelt, ist es nicht weiter erstaunlich, dass er von der Feststellung, ihm sei was, zu erweiterten Betrachtungen über das Sein ganz grundsätzlich und prinzipiell kommt. Uns ist aber nun mal nichts, wenn wir unspezifisch kränkeln, haben wir was – was also tun?

Ich habe mich einfach geirrt. Mir fiel Gustav Freytag ein, hatte den Titel Soll und Haben jedoch als Sein und Haben in Erinnerung (dabei stehen zwei Bände des Werks mit zerfledderten Rücken bei mir im Regal, aber ich war so sicher, dass ich nicht nachschaute) und bastelte fröhlich los. Ein produktiver Irrtum, ein mir wahrscheinlich vom Unterbewusstsein untergeschobener Irrtum, ein zum Glück unschädlicher Irrtum, denn es ging an der Stelle nicht um eine literarische Anspielung, sondern um philosophische Spiegelfechterei. Ohne Haben haben wir schließlich genauso wenig eine Welt wie ohne Sein, da Soll mir einer erst mal das Gegenteil beweisen …

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