FugensunsInnen

Gestern im Kowski: Moabiter Übersetzerweihnachtstreffen, es soll aber nicht bei Weihnachten bleiben, sondern, so gestern unter den Anwesenden Konsens, eine Regelmäßigkeit werden. Ein Stammtisch ohne Programm und Sprachbindung, sowas fehlte mir wenigstens bisher in der Berliner Übersetzerstammtischsvielfalt. Von daher freue ich mich sehr über die Initiative von >Andreas Förster, Elke Ranzinger und >Dorothea Traupe, auf deren Rundmail hin achte zusammenkamen, eine gute Mischung aus Althäsen und Frischdabeisen, und wenn ich da ein bisschen neologisiere, dann weil mich gestern dazu anregt. Unter anderem redeten wir über das Gendern, und wir drehten uns natürlich im Kreis, weil wir die Sprache ja nicht von nun auf jetzt aus den Angeln heben können, unzufrieden sind mit den zur Verfügung stehenden Mitteln – Sternchen und groß geschriebenes I und so -, den Status quo aber auch nicht einfach hinnehmen wollen. Informelle Texte wie z.B. ein Blog wären doch eine prima Spielwiese, um die Sache mit sprachschöpferischen Spielereien anzugehen – wir brauchen neue Endungen, neue Artikel, Innen und Ende sind jedenfalls nicht te Gelbe vom Ei …

Nordkurve (Norwegisch, Schwedisch, Englisch) im Kowski, oder: helle Köpfe finster fotografiert

Und ich jedenfalls fand es gestern ganz wunderbar, wahrlich, es gibt nichts Besseres gegen das allmähliche Verköcheln im eigenen Saft, als sich mit Kolleges auszutauschen! Übrigens war nicht nur ich total erleichtert, dass man die sieben Seiten im Grammatikduden zum Fugen-S nicht verstehen muss: Es gibt keine Regel, wann eins gesetzt wird und wann nicht, es ist eine Frage der Sprechbarkeit. Das aus berufenem Munde – allein dafür und für das Update, wie in GB gegendert wird, hab ich den vom Wind ins Gesicht gepeitschten Schneeregen auf dem Hinweg gern ertragen.

Nächstes Treffen: Mittwoch, der 24. Januar 2018, 19:30h im Kowski. Ansprechpartnerin bei Rückfragen zum Stammtisch Dorothea Traupe.

3 Kommentare zu FugensunsInnen

  1. Tolles Foto, danke! Gegen das Fugen-S hat ja schon Jean Paul gekämpft wie gegen Windmühlen!
    Apropos Fotos, woher mag dies Zitat stammen:
    „In einer solchen Stunde ließ meine Mutter ihre Nadeln und Fäden einen Augenblick lang ruhen, wie eine müde Parze, und holte zuunterst aus dem Schrank eine Pappschachtel hervor, in der alte, vergilbte Familienphotos und Daguerreotypen lagen, jede ein corpus delicti vergangener Zeiten, des imaginären Glanzes ihrer Jugend und des Ruhms unserer Familie. Auf diese Weise, langsam und ganz unbewußt, träufelte mir meine Mutter das Gift der Erinnerungen ein, erzog mir die Liebe zu alten Photographien und Andenken, zu Staub und Patina an, und ich, das Opfer dieser sentimentalen Erziehung, seufzte zusammen mit ihr den Tagen nach, die nie zurückkehren werden, irgendwelchen längstvergangenen Reisen und fast schon vergessenen Landschaften. Da standen wir dann immer stumm über diese vergilbten Photographien gebeugt, an deren Alter es keinen Zweifel gab, und die altmodischen Gewänder riefen Heimweh in uns wach.“ (Danilo Kiš)

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